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Soft-Opt-In-Urteil: Werbe-E-Mails rechtswidrig ohne Hinweis auf Widerspruchsmöglichkeit

Keine E-Mail-Werbung ohne ausdrückliche Einwilligung des Adressaten (siehe vorangegangener Post) – in Deutschland gilt das Opt-In-Prinzip. Eine Ausnahme hiervon bildet § 7 Abs. 3 UWG für bestehende Geschäftsbeziehungen. Hiernach ist bei Bestandskunden unter bestimmten Voraussetzungen auch ein werblicher E-Mail-Versand auf Opt-Out-Basis möglich (daher auch die Bezeichnung “Qualifiziertes Opt-Out” oder “Soft-Opt-In).

Das Opt-Out-Schlupfloch des UWG

Per Soft-Opt-In kann etwa im Bestellprozess ausnahmsweise ein bereits vorselektiertes Ankreuz-Kästchen

[ X ] Ja, ich möchte auch den wöchentlichen Koch-Tipp-Newsletter erhalten

platziert werden, dass der Nutzer bei Desinteresse entfernen muss. Durch ein solches Opt-Out können Kunden – zumindest formal – einfacher zu Newsletter-Abonnenten gewandelt werden, als über eine ausdrückliche Einwilligung. Voraussetzung ist allerdings, dass alle vier im Gesetzestext genannten Bedingungen zugleich erfüllt sind. D.h. …

  1. dem Kunden wurden bereits entgeltlich Waren und Dienstleistungen verkauft und in diesem Zusammenhang wurde die E-Mail-Adresse erhoben
    (Unentgeltliche Verträge, wie Community-Mitgliedschaften sind hiervon nicht berührt. Rechtlich ungeklärt ist, ob auch eine Vertragsanbahnung bereits ausreichend ist, oder ob der Vertrag abgeschlossen worden sein muss)
  2. die Werbung bezieht sich auf ähnliche Waren und Dienstleistungen aus dem eigenen Unternehmen
    (Fremdwerbung ist somit nicht gestattet. Wie weit oder eng “ähnlich” gefasst werden darf, bleibt ungeklärt)
  3. der Kunde hat der Datenverwendung (noch) nicht widersprochen
  4. bei der Datenerhebung und –verwendung wurde deutlich auf die kostenlose Widerrufsmöglichkeit hingewiesen

Vorsicht bei Mängeln – LG Bonn

Wie wichtig die konsequente Überprüfung aller Voraussetzungen ist, zeigt das Landgericht Bonn im Urteil v. 08.09.2009 – Az.: 11 O 56/09 auf: Ein Wettbewerbsverband klagte als Geschäftskunde eines Telekommunikationsunternehmen gegen Selbiges auf Unterlassung, weil in einer Werbe-E-Mail der Hinweis auf die kostenfreie Widerspruchsmöglichkeit hinsichtlich der Verwendung der E-Mail-Adresse fehlte, und dies ein unlauteres Verhalten darstellt. Das Landgericht gab dem Kläger mit Hinweis auf den Mangel bei § 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG Recht.

(Via Kanzlei Dr. Bahr / online-und-recht.de)



Recht: Double Opt-In Pflicht für Werbe-E-Mails?

Der werbliche E-Mail-Versand bedarf in Deutschland gemäß §7 Abs. 2 Nr. 2 UWG einer vorherigen, ausdrücklichen Einwilligung für jeden Empfänger. Der Begriff “Werbung” wird sehr sehr weit gefasst und beinhaltet gemäß 2006/114/EG Artikel 2 jede Äußerung mit dem Ziel, den Absatz zu fördern. Nach §4a BDSG sowie der europäischen Datenschutzrichtlinie 2002/58/EG (17) muss die Einwilligung

  • freiwillig, d. h. ohne Zwang zur Zustimmung in Weiteres (z. B. AGB) und ohne Druck
  • generell schriftlich, aber online auch elektronisch
  • bestimmt bzw. sachkundig, d. h. mit Kenntnis darüber, in was genau wem gegenüber eingewilligt wird
  • transparent bzw. als spezifische Angabe, d. h. mit einer
    • durch räumliche Trennung zu anderen Bestimmungen hervorgehobenen
    • explizit auf die Zusendung von Werbung per elektronischer Post bezogenen
    • durch eine Nutzer-Aktion aktiv herbeigeführten Zustimmung (“opt-in”)

… erfolgen. Kommt es zu einem Streitfall vor Gericht, weil versehentlich etwa der Betrieb eines Anwalts mit unbestellter Werbung gestört wurde, trägt der Versender immer die Beweislast für das Vorliegen der Erlaubnis. Generell werden folgende Opt-In-Modi nach Permission-Stärke unterschieden – Soft Opt-In (als Sonderfall des §7 Abs. 3 UWG), Single Opt-In, Confirmed Opt-In sowie Double Opt-In.

Double Opt-In bietet Nachweisbarkeit

Im vergangenen Beitrag “Single oder Double-Opt-Inwurden bereits Vor- und Nachteile dieser Verfahren diskutiert. Quintessenz: Double Opt-In bietet höchste Nachweisbarkeit zuungunsten der Quantität, Single Opt-In umgekehrt. Ich habe zur Diskussion gestellt, ob Double Opt-In, das zweifelsohne als best practice angepriesen wird, tatsächlich immer angewandt werden muss. Denn im Hinblick auf ein bestmögliches Verhältnis von Qualität zu Qualität wäre es vielleicht ratsam, an verschiedenen Points-Of-Touch, an denen die Missbrauchswahrscheinlichkeit des Anmeldeformulars sehr gering ist, auf Confirmed Opt-In zu setzen. Ein Beispiel wäre etwa das Häkchen für die Newsletter-Anmeldung unter dem Bestellformular im Shop, da hierbei kaum E-Mail-Adressen Dritter eingegeben werden.

Single Opt-In rechtlich zunehmend riskanter?

Wieso grabe ich das Thema erneut aus? Für Versender stellt sich erfahrungsgemäß häufiger die Frage, ob der Anmelde-Prozess nicht von Double komplett auf Single Opt-In umgestellt werden soll, da mehr Daten generiert und die rechtlichen Risiken (“Abmahnung mit strafbewehrte Unterlassungserklärung“) als kalkulierbar eingestuft werden.

Ich möchte daher zum einen darauf hinweisen, dass Verstöße gegen Unterlassungsansprüche sehr teuer werden können – das AG Rendsburg setzte kürzlich als Exempel 300 EUR Ordnungsgeld je beim 1. und 2. und 5.000,- EUR (!) beim 3. Verstoß fest (vgl. AG Rendsburg, Beschl. v. 16.10.2009 – Az.: 3 C 218/07). Ferner gilt der Unterlassungsanspruch eventuell nicht nur für eine E-Mail-Adresse, sondern für alle möglichen E-Mail-Adressen eines Empfängers (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 16.10.2009 – Az. 15 T 7/09) oder sogar generell gegenüber allen Empfänger (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 14.05.2009 – Az.: 4 U 192/08).

Zum anderen anbei drei mehr oder weniger frische Gerichts-Urteile, die für den Werbeversand Double Opt-In klar einfordern und Confirmed Opt-In als unzureichend kennzeichnen:

Bedarf Werbe-Post in Social Media einer Einwilligung?

Für den Versand von Werbe-E-Mails gilt per EU-Direktive in Deutschland i.d.R. ein Einwilligungsvorbehalt. Auch über Soziale Netzwerke wie Xing, Facebook oder Twitter können kommerzielle, eletronische Mitteilungen versandt werden. Da lässt Missbrauch nicht lange auf sich warten, der Spammern teuer zu stehen kommen kann.

Seit jeher stellt sich die Frage, inwieweit der Deutsche Gesetzes-Rahmen auf Nachrichten in Sozialen Netzwerken bezogen werden kann/muss. Der Rechtsanwalt Dr. Carsten Ulbricht äußert sich (meines Wissens als erster RA) in einem ausführlichen Artikel auf dem Portal iBusiness zu dieser Fragestellung, der sich sowohl an Werbetreibende als auch Plattformbetreiber richtet:
http://www.ibusiness.de/aktuell/db/515659SUR.html

Kernpunkte:

  • Elektronische Post ist gemäß der Datenschutz-Richtlinie 2002/58/EG

    … jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird.

  • Auch eine Kontaktanfrage über Xing sowie eine private oder automatisch versandte Willkommens-Nachricht über Twitter sind elektronische Post.
  • Daher gelten auch für Werbung über die Netzwerke die Permission-Marketing-Grundsätze des Wettbewerbsrechts. D. h. wer ohne Einwilligung Werbung versendet, handelt unlauter, verletzt die Privatsphäre oder greift in den Gewerbebetrieb ein und kann abgemahnt werden.
  • Eine konkrete Rechtsprechung hierzu existiert derzeit allerdings derzeit noch nicht.

Das ist doch mal eine Ansage…

Short-News: Links and Pings vom 9.11.09

  • Spam lohnt nicht:
    Ein Mobilfunkanbieter muss nun 5.000 EUR berappen, weil er erneut gegen eine Unterlassungsverpflichtung werblicher E-Mails gegenüber einem Adressaten verstieß. Der erste Verstoß wurde noch mit einem “moderaten” Ordnungsgeld von 300 EUR bestraft. Durch die Höhe des verhängten Ordnungsgeldes sollte deutlich gemacht werden, dass ein Verhalten, bei dem geringe Strafen durch vereinzelte Spam-Abmahnungen einkalkuliert werden, da diese durch die Kampagnen-Umsätze in der Summe weit überkompensiert werden, nicht hingenommen werden kann. (AG Rendsburg, Beschl. v. 16.10.2009 – Az.: 3 C 218/07 nach Online-Und-Recht.de)
  • Bilderrahmen mit E-Mail-Adresse:
    Estarling hat mit dem WPF-288B einen digitalen Bilderrahmen entwickelt, der per E-Mail oder Content Communities wie Flickr gefüttert werden kann. Das Gerät scheint den Amazon-Bewertungen nach zwar noch mit einigen Kinderkrankheiten behaftet zu sein, die E-Mail-Idee hat aber IMHO was. Und das sehen die Nutzer scheinbar genauso – so schreibt ein Nutzer in seinem Produkt-Review auf Amazon:

    The best advertised feature, from my perspective, was the ability to email photos to the frame.

    Ein weiterer Nutzer schreibt:

    The greatest thing … is how easy it is to send pictures there. Just add them to an e-mail(the frame has an address ?????@seeframe.com). THis works great even from my cell phone.

    Die E-Mail ist zum Weiterleiten von Medien top – dies bestätigt auch eine jüngste Studie von MarketingSherpa (Oktober 2009), nach der 78% E-Mail zum Weiterleiten von Internet-Inhalten wie Links, Bilder oder Videos nutzen – “nur” 22% dagegen verwenden Social Media.

  • computerarbeit

    Email Bearbeiter gesucht?

    Neuer Beruf “E-Mail-Bearbeiter”:
    Was so ein Xing-Suchauftrag manchmal hervorbringt… Die gute alte Kugelschreibermontage als lukrative (Zusatz-)Verdienstmöglichkeit in der gemütlichen Heim-Geschäftsstelle ist out. In der New Ecnonomy werden die verstreuten Arbeitskräfte durch die Social Networks geschickt, um die MySpace-Profile anderer mit Event-Hinweisen etc. vollzukleben (“seriös“). Oder man bestellt sich sein Starterkit, um in der professionellen “Email Bearbeitung” mit 25 EUR pro bearbeiteter E-Mail voll durchzustarten (unseriös). lol’ig… 😉

  • 6 Googlemail Design-Tipps:
    Andrea Smith hat die 6 wichtigsten Dinge kurz & knapp zusammengefasst, die es beim E-Mail-Design für Gmail respektive Googlemail technisch zu beachten gilt.

Short-News: Links & Pings vom 05.11.09

  • Höhere Umwandlungsraten durch gute Formulare:
    Nico Zorn von EmailMarketingBlog.de gibt in einem Gastbeitrag für Artegic 7 wertvolle Tipps, wie Online-Formulare für eine Newsletteranmeldung oder Bestellung im Hinblick auf eine bestmögliche Umwandlungsrate  von Clicks zu Abschlüssen gestaltet werden sollten.
  • Erfolgsfaktoren für Share With Your Network (SWYN):
    Marc Marius Müller (dialogue1) verrät 7 Determinanten, die über Erfolg und Misserfolg bei der Einbindung von Share-To-Social alias SWYN entscheidend sein können.
  • Inaktive reaktivieren oder aus der Liste waschen:
    Stefan Pollard schreibt im aktuellen Artikel auf ClickZ, worauf bei der Identifizierung von inaktiven E-Mail-Empfängern zu achten ist, wie eine Reaktivierungs-Kampagne ausschauen könnte und warum es im Hinblick auf die Zustellungsrate immer wichtiger wird, den Verteiler um “Karteileichen” zu bereinigen.
  • E-Mail-Recht in DE:
    RA Alessandro Foderà-Pierangeli gibt auf dem populären Blog drweb.de Tipps für einen rechtssicheren E-Mail-Versand in Deutschland.
  • Nudge Effect im E-Mail-Marketing:
    Dela Quist stellt heraus, dass auch ungeöffnete E-Mails im Hinblick auf die Umsätze wertvoll sein können; so tätigten im Rahmen einer aktuellen Kampagne Adressaten, die die E-Mail nicht geöffnet hatten mehr Käufe, als die Öffner. Die Nicht-Öffner gelangten “angestupst” durch die E-Mail allerdings eher über andere Kanäle, wie z. B. die Websuche zum Kaufabschluss. Hierauf wendet Dela Quist den Nudge-Effect aus den Verhaltensökonomik an.

Tell-A-Friend immer noch rechtliche Grauzone – besser SWYN!

Die Tell-A-Friend– (auch: Forward-To-A-Friend-, kurz FTAF-) Funktion, mit deren Hilfe Nutzer einen Newsletter über die Plattform des Werbetreibenden an einen oder mehrere ihrer Freunde weiterleiten können, erfreut sich im E-Mail-Marketing relativ hoher Beliebtheit. Was mich eigentlich verwundert. Denn der Erfolg – in Form einer höheren Reichtweite der Marketingbotschaft über den Verteilerkreis hinaus, sowie ggf. neue Newsletterabonnenten, die durch die Weiterleitung auf das Newsletterangebot aufmerksam werden, dürfte sich Grenzen halten. Zu gering sind in der Regel Involvement und die Anreize, einen Newsletter über die eher technisch denn sozial anmutende Funktion weiterzuempfehlen. Parallel ist zudem das rechtliche Risiko, wegen unzumutbarer Belästigung durch unverlangt zugesandte E-Mail-Werbung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG belangt zu werden, relativ hoch. Das AG Berlin bzw. LG Berlin hatte hier am am 22.5.09 bzw. 18.8.09 noch Urteile zuungunsten eines Werbetreibenden gefällt bzw. bestätigt. Grund genug, sich noch einmal den Status quo sowie Implikationen vor Augen zu führen.

Status Quo

Der Versand der Weiterempfehlungs-E-Mail mit Reklame erfolgt technisch über die Plattform des Werbetreibenden, aber im Auftrag bzw. auf Initiative eines Dritten – nämlich des Nutzers, der die Empfängeradressen eingibt und „Absenden“ klickt. Hört sich simpel an, brachte aber in der Vergangenheit bei den Gerichten verschiedene Urteile hervor, die bei Klagen in der Regel die Werbetreibenden für die Weiterleitung mindestens in Störerhaftung nahmen (rot hervorgehoben). Die Kernaussagen folgender Urteile zum E-Mail-Versand durch Dritte geben Ihnen einen Eindruck, welche Dinge es bei Tell-A-Friend zu berücksichtigen gilt, und wie schwierig ein rechtskonformes Angebot dieser Funktion (sofern dies überhaupt möglich ist) letztlich ist:

AG Hamburg, Urt. v. 04.03.2003, 36a C 37/03: Für ein Störereigenschaft bei unverlangt zugesandter E-Mail-Werbung ist es nicht erforderlich, dass der Störer die E-Mails selbst verschickt, sondern es kann ausreichen, dass er die Plattform für den Versand zur Verfügung stellt.

OLG München, Urt. v. 12.02.2004, 8 U 4223/03: Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Versand von Newslettern durchaus missbraucht werden könne, um jemanden zu ärgern. (…) Eine Aufforderung zur Weiterempfehlung per E-Mail ist untersagt.

LG Nürnberg, Urt. v. 04.03.2004, 4 HKO 2056/04: Soll der Verbraucher zugunsten des werbenden Unternehmens Produktempfehlungen aussprechen, liegt eine unzulässige mittelbare E-Mail-Werbung vor. Derartige Nachrichten wirken letztlich genauso wie eine eigene, direkte Werbung des Unternehmens gegenüber dem Endkunden.

KG Berlin, Beschl. v. 22.06.2004, 9 W 53/04: Eine politische Partei haftet als Mitstörerin auf Unterlassung, wenn sie Dritten auf ihrer Website ein anonymes Spamming über eine E-Card-Funktion ermöglicht.

LG Nürnberg, Urt. v. 17.09.2004, 1 HK O 9216/04: Ein Versandhaus, das über seine Website die Besucher auffordert, an Freunde und Bekannte eine Produktempfehlung zu senden, handelt wettbewerbswidrig.

LG Frankfurt am.Main, Urt. v. 05.11.04, 3/12 O 106/04: Ja, E-Mail wird von Dritten, nicht vom Händler verschickt. Daher gilt zumindest dann keine Störerhaftung Werbetreibende, wenn Nutzer nicht völlig wahllos und willkürlich von der Funktion Gebrauch machen und keine Vorteile („Prämien“) in Aussicht gestellt werden.

OLG Nürnberg, Urt. v. 25.10.05, 3 U 1084/05: Eine Produktempfehlungs-E-Mail stellt eine unzumutbare Belästigung dar, wenn sie nicht nur die Empfehlung des bestimmten Produktes, sondern eine darüber hinausgehende Werbung enthält.

BGH, Urt. v. 06.07.06, I ZR 145/03: Laienwerbung an sich ist zunächst nicht als unzumutbare Belästigung im Sinne des UWG einzustufen. Sie ist erst dann unzumutbar, wenn Mittel berufsmäßiger Werber genutzt werden, wie z. B. der E-Mail-Versand.

BGH, Urt. v. 29.05.2008, I ZR 189/05: Im Urteil zur Freunschaftswerbung im Internet wird der Eindruck erzeugt, dass das höchste Gericht sich ein Stück weit von den meist strengen, negativen Urteilen in der Vergangenheit distanziert. So interpretiert dies zumindest die Kanzlei Strömer Rechtsanwälte.

AG Berlin, Urt. v. 22.05.2009, 15 C 1006/09 bzw. LG Berlin, Urt. vom 18.8.09, 15 S 8/09 : Wer seine Kunden durch das Versprechen von Prämien zur Eingabe von Adressen Dritter animiert, haftet als Störer. (…) Werbung im Sinne des UWG liegt bereits dann vor, wenn sich die Botschaft darauf bezieht, einem bestimmten Anbieter den Vorzug vor anderen Bezugsmöglichkeiten zu geben.

Implikationen

Unterm Strich lassen sich aus den bisherigen Urteilen die folgenden Best-Practice-Empfehlungen zum Angebot der Tell-A-Friend-Funktion ableiten, die zwar keine Rechtssicherheit bringen, aber zumindest die Haftungsgefahr minimieren:

  • Die E-Mail sollte abseits der weitergeleiteten Empfehlungen durch den Nutzer frei von jeder ergänzenden Werbung sein. Dies bedeutete die Vermeidung des Hinzufügens jedlicher Textpassagen, die Ihre Produkte und Dienste bewerben und mittelbar oder unmittelbar der Absatzförderung dienen.
  • Der Nutzer sollte vor der Weiterleitung aktiv und bewusst („Häkchen setzen“) darin zustimmen, dass er ein Einverständnis der E-Mail-Empfänger für die Weiterleitung an sie besitzt
  • Weisen Sie in der weitergeleiteten / empfohlenen E-Mail darauf hin, in wessen Auftrag der E-Mail-Versand erfolgt.
  • Nutzen Sie keine Incentivierung („Prämien“) für die Weiterleitung einer E-Mail. In den Augen der Gerichte forcieren Sie so keine persönliche Empfehlung des Nutzers, sondern den Massenversand, der Ihre Mitbewerber dazu veranlasst, es Ihnen nachzutun.
Leitfaden E-Mail-Marketing 2.0

SWYN / Leitfaden E-Mail-Marketing 2.0

Generell ist jedoch zu hinterfragen, ob der vermutlich geringe wirtschaftliche Erfolg das rechtliche Risiko rechtfertigt. Besser in meinen Augen ist es, auf die Weiterleitung einzelner teilenswerter Inhalte in die Sozialen Netzwerke, wie Facebook, Twitter, studiVZ etc. zu setzen (so genanntes Share-To-Social oder auch Share-With-Your-Network, SWYN). Hier geht das Risiko gegen Null und der Erfolg ist Erhebungen zufolge um ein Vielfaches höher. Weitere Informationen zu dieser Art von Weiterleitung finden Sie in der Kategorie “Soziale Netzwerke” oder auch in meinem Fachartikel “Weiterempfehlungen in die Sozialen Netzwerke [pdf, 1mb, 15 Seiten] im jüngst erschienenen Leitfaden E-Mail-Marketing 2.0 von Herausgeber Dr. Torsten Schwarz.

Zu guter Letzt empfehle ich die folgenden Artikel zum Thema Tell-A-Friend, die gleichzeitig als Quellen dienten:

Short News: Links & Pings vom 12.10.09

  • EU will härtere Spam-Strafen:

    (…) Man sollte aber nicht versuchen, gegen ausländische Anbieter rechtlich vorzugehen – es ist in der Praxis zwecklos. Denn eine deutsche Entscheidung, die man gegen ausländische Spammer durchaus erwirken könnte, wäre im außereuropäischen Ausland kaum vollstreckbar. Im Übrigen ist auch die Vollstreckung deutscher Entscheidungen innerhalb der EU oft ein Trauerspiel.

    schreibt Prof. Dr. Thomas Hoeren in seinem Skriptum Internet Recht auf PDF-S. 269 zu den mageren Strafverfolgungsmöglichkeiten über die Grenzen hinweg. Wie Golem berichtet hat die EU erkannt, dass ein aktiveres Vorgehen gegen unerwünschter E-Mail-Werbung erforderlich ist, was die Zahl der verfolgten Fälle und Höhe der verhängten Strafen zeige. Eine bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit der EU-Staaten untereinander und auch mit den USA ist hierzu nun in der Planung.
    Interessant: “Spam and spyware study SMART 2008/0013” (pdf, 1mb, 92 S.), die nicht zuletzt Einblicke in die landesspezifischen Spam-Regularien innerhalb der EU schafft.

  • 25 Newsletter-Vorlagen:
    Sendcube stellt Interessenten 25 kostenlose und getestete Newsletter-Vorlagen in verschiedenen Layouts zum Download bereit:
    http://www.sendcube.com/features/free_templates.html
    (Via Pixey.de)
  • Seamonkey 2:
    Für die Version 2.0 der Software-Suite inkl. E-Mail-Client ist nun der erste Release-Candidate vorgestellt worden:
    http://www.seamonkey-project.org/releases/2.0rc1
    (Via Heise)

Short-News: Links & Pings vom 06.10.09

  • GMail testet “Enhanced Content”:
    Wie Nico Zorn berichtet, testet GMail derzeit still und heimlich ein für E-Mail-Marketer vielversprechendes Feature. Eine “Sponsored email with enhanced content” erhält im GMail-Posteingang neben dem Betreff das so genannte Favicon der Versender-Website, also quasi ein kleines 16×16-Markenlogo. Hierüber können per Mausklick aktuelle (“Echtzeit“) Website-Inhalte direkt im Posteingang abgerufen werden. Daneben markiert dieses kleine interaktive Gadget den Absender als authentifiziert und damit vertrauenswürdig. Es dürfte noch ein Weilchen dauern, bis die Sache breit genutzt werden kann. Trotzdem spannend!
  • Erfolgreiche Werbung über angemietete Adressen:
    Beim Standalones an angemietete Adressen ist die Enttäuschung bei Werbetreibenden hinterher mitunter groß, weil die Abverkäufe hinter den Erwartungen blieben. Dabei sollte klar sein, dass der Versand einer plumpen Grafik, die das beworbenen Produkt präsentiert an “fremde” Empfänger, die sich bestenfalls grob durch Interessensangaben qualifiziert und sonst keinerlei Bezug zum Advertiser haben, nicht immer erfolgsversprechend ist. Nicola Battistini und Newsmarketing zeigen in einem anregenden Optimierungs-Beispiel, wie man es besser macht: http://www.marketing-boerse.de/Fachartikel/details/18672
  • B2B-Versand nach NL nur noch mit Opt-In:
    Seit dem 1.10. gilt in den Niederlanden das neue Telekommunikationsgesetz. Hiernach wird nun auch für B2B ein ausdrückliches Opt-In für den E-Mail-Verand verlangt. Einzige Ausnahme: ähnlich zur Regelung des § 7 Abs. 3 UWG kann im Rahmen bestehender Geschäftsbeziehung für eigene Produkte & Dienste geworben werden, die den verkauften ähnlich sind, sofern bei Adresserhebung auf die Widerrufsmöglichkeit hingewiesen wurde. Bei Verstoß drohen bis zu 450.000 EUR Strafe durch die OPTA.

Short-News: Links & Pings vom 10.07.09

  • Gratuliere:
    Nach 5 Jahren hat Googlemail das Beta-Symbol gekickt. Warum so lange Beta? Read on. Warum aus E-Mail-Marketer-Sicht aber eigentlich immer noch Beta – read on again. Interessante “Retrospektive”: Ben von MailChimp hat die Pressemitteilung von der GMail-Ankündigung vom 1. April (!) 2004 herausgekramt. Die damalige Begründung für den Start eines Webmailers:

    Search is Number Two Online Activity – Email is Number One

    (cache:http://www.google.com/press/pressrel/gmail.html )
    Yeah! 🙂

  • DE-Recht:

    Eine Werbung mit einem Preisnachlass in Form eines Gutscheins mit einem festen Wert muss Angaben über die Relation von Preis und Preisnachlass enthalten sein.

    So urteilte das OLG Hamm Ende Januar (Az. 4 U 154/08).

  • US-Recht:
    Nebenbei: Die Frage, ob die IP-Adresse ein persönliches Datum ist, hat ein Federal Court in Seattle verneint, wie Wendy Davis berichtet. Begründung: Durch eine IP wird ein Computer identifiziert, keine Person. Der Dauerbrenner wird hierzulande seit Ewigkeiten kontrovers diskutiert (und richterlich entschieden).
  • Erstaunlich:
    Jeden Monat fallen 10 Kanadier auf die bekannten Nigeria-Connection-Scam-Mails und -Nachrichten rein (“Ich hab 5 Mio. geerbt. Lieber Freund hilf mir, sie im außer Landes zu bringen. Du bekommst 25%. Die Luft ist rein.”).
  • Twitter-Through-Rate?
    Der ESP MailChimp hat eine nette Twitter-Statisik für E-Mail-Versender implementiert. Über einen Short-URL-Service können die Share-With-Twitter-Aktivitäten nach einem E-Mail-Versand beobachten und ausgewertet werden:
    (Auch interessant:
    – Nach Auskunft von Ben nutzen mitlerweile fast 10% der MailChimp-Kunden Share-To-Twitter-Funktionalitäten.
    – Welche Click-Through-Rate liefert Twitter? Darren Barefoot und zahlreiche Kommentare bringen Licht in die Sache…
    – “Twittern” wird im neuen Duden [Mitte Juli] drin sein, Facebook dagegen nicht. 🙂 )

Statements zur Datenschutznovellierung

Das Bundesdatenschutzgesetz gilt generell für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten (§ 1 Abs. 2 BDSG). In der Regel zählen auch E-Mail-Adressen hierzu. Vor einer Woche wurde die Novellierung des Datenschutzrechts II vom Bundestag beschlossen. Das Ergebnis wandert nun zum Bundesrat und wird dann am 1.9.09 (Novelle II) bzw. am 1.4.10 (Novelle I) in Kraft treten. Die Änderungen sind theoretisch auch für E-Mail-Marketer relevant; praktisch tangieren uns diese aber wenig, da wir ohnehin schon brav – meist sogar doppelte – Einwilligungen einholen bzw. einholen müssen…

Der Deutsche Dialogmarketing Verband (DDV) hat die Änderungen

  1. … zusammengefasst: http://www.ddv.de/downloads/2009/bdsg/Ueberblick_BDSG-Novellen.pdf
    (pdf, 4 Seiten, 34kb)
  2. … in den bestehenden Gesetzestext eingearbeitet, um die Änderungen (farblich hervorgehoben) konkret aufzuzeigen:
    http://www.ddv.de/downloads/2009/bdsg/Gesetzestext_BDSG-Novellen.pdf
    (pdf, 46 Seiten, 260kb)

RA Frank Stiegler, der seit einigen Wochen bei der Agentur rabbit eMarketing tätig ist hat die Novelle im aktuellen Fachartikel Datenschutz im E-Mail-Marketing” aufgegriffen. Ferner sei auch auf das kostenlose Webinar (“rabbinar“) am kommenden Mittwoch, den 15.7.09 um 11:00 Uhr hingewiesen: “Datenschutz, rechtssicher und trotzdem erfolgreich“.

14 Statements von Top-Managern aus der Direktmarketing-Branche zur Novelle hat HORIZONT.net gesammelt. Darunter zwei Einschätzungen zu den Auswirkungen aufs E-Mail-Marketing:

  • R. Anweiler (eCircle):

    E-Mail-Marketing ist schon bisher nur mit einem ausdrücklichen Opt-In des Adressaten zulässig, und an diesem Grundsatz hat sich durch die Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes nichts geändert. (…) Für das weiterhin starke Wachstum des E-Mail-Marketing werden die gesetzgeberischen Restriktionen bei der Briefwerbung … keine große Rolle spielen. ()

  • U. Riek (Riek Direkt Marketing):

    Der Trend E-Mail-Marketing wird sich mit dem Opt-in weiter verstärken. ()

Übrigens…

Parallel tut sich auch in den USA einiges zum Thema Datenschutz. Wie Reuters vor einer Woche berichtete, haben 4 Branchenverbände einen Entwurf für eine (Verhaltens-)Datenschutz-Selbstverpflichtung für Online-Werbetreibende vorgelegt. Diese soll insbesondere die Erfassung & Verarbeitung von Verhaltensdaten für Werbezwecke transparenter machen sowie Kinder unter 13 Jahren besser schützen. Geplant ist die Umsetzung bis Anfang 2010. Die Verbraucher sollen zudem durch eine Informationswebsite (vermutlich à la direktmarketing-info.de) besser aufgeklärt werden.

Download des Entwurfs:
http://www.iab.net/insights_research/public_policy/behavioral-advertisingprinciples

(Via Internetworld.de nach Reuters)